"Ich lebe meinen Traum"
Ende der Achtziger Jahre hat sich der aus Texas/USA stammende Musiker Sydney Youngblood (46) zu einer wahren Stilikone entwickelt. Seine Hits "If only I could" und "Sit and wait" wurden fortan, wenn auch ungewollt, sein Markenzeichen und europaweite Kassenschlager. Die Beliebtheit reicht soweit, dass sogar die Disco Boys demnächst einen Houseremix von "If I only could" veröffentlichen werden. Bijon Chatterji traf auf einen absolut musikverrückten Sydney Youngblood, der geduldig Rede und Antwort stand und am 10.2.07 in Hannover einen Live-Auftritt haben wird.
Sydney, danke dass Du trotz engem Terminplan noch Zeit für uns finden konntest, aber Hannover ist einfach zu gespannt auf deinen Gig am 10. Februar im Zino. Freust du dich auf den Auftritt, was verbindet Dich mit Hannover?
Na klar freue ich mich, auch ich bin richtig gespannt, wie die Party diesmal wird. (überlegt) Im letzten Jahr hatte ich ja schon einmal einen Auftritt im Zino, der für mich überwältigend war! 1996 bin ich übrigens schon mal im Palo Palo, wohlgemerkt als Vorgruppe der Cultured Pearls, aufgetreten. Hannover ist eine interessante Stadt mit musikalischem Hintergrund.
... da haben sich sicher auch Kontakte entwickelt?
Ja, über den Palo-Gig vor zehn Jahren habe ich den Produzenten Jens Krause kennengelernt, mit dem ich einige Sachen im Studio aufgenommen habe. Drei oder vier Jahre später habe ich dann über ihn mit Helen Taylor die Jazzkantine in meiner Wahlheimatstadt Schwetzingen getroffen. Air-Knee von Jazzkantine hat mich dann wiederum dazu gebracht auch in Hannover zu performen.
Mit deinen Superhits hast du dich Ende der Achtziger Jahre zu einer echten Stilikone entwickelt. Wenn man jemanden über Sydney Youngblood fragt, fallen vielen ausschließlich "Sit and wait" und "If only I could" ein. Stört dich das?
Ja, das war sehr schwer für mich. Ich mochte es eigentlich nie nur auf zwei oder drei Songs reduziert zu werden. Aber mittlerweile habe ich es akzeptiert und das war ein langer Prozess. Ich habe akzeptiert, dass diese Songs irgendwie mein Markenzeichen geworden sind und ich so bekannt geworden bin. Es stört mich heute nicht mehr, da die, die mich kennen, wissen, dass es noch ein paar weitere Songs gibt (lacht).
Nicht zu vergessen "I rather go blind", mit dem du auch in deinem Heimatland USA sehr erfolgreich warst.
Zum Beispiel!
Am 10. Februar trittst du wie gesagt mit Air-Knee und Lars Störmer auf. Ich habe gehört, dass ihr gar nicht probt, gibt's denn das?
Ja, warum nicht? Die Chemie zwischen uns stimmt, das ist das wichtigste. Wir sind musikalisch auf einer Wellenlänge. Air-Knee schickt mir eine Liste der Songs, die an dem Abend gespielt werden sollen und ich sage, sofern ich einverstanden bin "okay"! Wir improvisieren dann einfach. Und du hast gesehen, dass es wunderbar klappt!
Du spielst auch Bass und Querflöte, habe ich das richtig gelesen?
Ja, stimmt. Ich war schon mit drei Jahren das erste Mal in San Antonio, Texas, auf der Bühne und habe gesungen (lacht). Mit sieben oder acht wollte ich noch mehr Aufmerksamkeit und habe mich spontan für Querflöte entschieden, die mir mein Dad auch sofort gekauft hat. Das Problem war, dass ich der einzige Junge mit Querflöte in der Schule war und mich alle für schwul gehalten haben!
... stimmt aber nicht.
(lacht) hallo, ich war schon zweimal verheiratet und bin mit meiner jetzigen Verlobten schon lange Jahre zusammen... nein, aber es ist als Kind nicht so einfach und so bin ich dann schnell zu den Drums gewechselt, so wie es sich für echte Kerle gehörte (grinst). Die waren mir dann aber auf Dauer zu schwer beim Transport und so habe ich mit Bass, Keyboard und anderen Instrumenten experimentiert. Ohne Lehrer, nur mit einem "do it yourself" Buch.
Gut, das musikalische Talent kommt wohl nicht von ungefähr. Verrate uns, wie du den Sprung nach Deutschland geschafft hast.
Ich wurde in die Army berufen und die titelte mit großen Kampagnen mit der Chance in Berlin, Hamburg oder Frankfurt zu landen. Ich wusste, dass sich musikalisch in Deutschland einiges drehte und es faszinierte mich.
Raffiniert, die Army war eigentlich nur ein Sprungbrett für deine Musikkarriere. Du kannst es ruhig zugeben.
Stimmt ja auch! Nach über drei Jahren Army - übrigens habe ich auch dort in diversen Bands gespielt - haben mein Kumpel Charles Shaw und ich dann unser eigenes Ding gemacht. Charles war der eigentliche Rapper von Milli Vanilli, du kennst die Geschichte ja...
... wer kennt sie nicht.
... und über Frank Fahrian und Claus Zundel und eine Solokarriere bin ich dann sehr schnell zu meiner ersten Platte "Feeling Free" gekommen. Es war schon zu dem Zeitpunkt mehr, als ich mir erträumt hatte.
Bis heute hast du mehr als fünf Millionen Platten verkauft, Gold und Platin gewonnen, welche Ziele hast du noch? Lieber einen Gang zurück und Produzent werden?
Ich mache mir nichts aus goldenen oder Platinschallplatten. Du wirst dich wundern, ich habe alle Platten verschenkt, keine einzige hängt bei mir zuhause!
Aber das machen doch die meisten Stars?
Ach komm, so wichtig ist das nicht. Klar, eine Anerkennung für das, was du machst. Als ich damals eine goldene Platte bekommen habe, wollte ich die aus Jux einfach mal auf meinen Plattenspieler legen. Und weißt Du was statt Sydney Youngblood drauf war? Ich glaube irgendein Schlager von Christian Anders (lacht laut). Spaß beiseite, es geht mir nur darum, dass die Musik, der Ort, die Menschen... grooven. Wenn das stimmt, ist es mehr wert als alles andere. Mir macht Musik einfach Spaß, egal, ob ich vor fünf oder fünftausend Menschen spiele.
... und bezüglich Produzieren?
Also daher bin ich auch kein Produzent in dem Sinne, da die Bühne ja mein Zuhause ist. Die wenigsten wissen aber, dass ich mich vor einigen Jahren bereits einmal als Produzent mit "Sacred Spirit" engagiert habe. Mein Ziel war es ohne meinen Namen und ohne große Promo, sondern nur durch die Musik selbst, erfolgreich zu sein – ich wollte es ausprobieren und es ging! "Sacred Spirit" würden wir unter dem Begriff "World Music" führen und hatte sich innerhalb kürzester Zeit in die Charts katapultiert. Wie gesagt, ich habe für mich persönlich schon eine ganze Menge erreicht, ich lebe bereits meinen Traum.
Andere Frage, hast du Erfahrungen mit Rassismus gemacht?
In Amerika ist es ein ernstes Thema. Ich war mal zusammen mit meiner damaligen deutschen Frau in Atlanta - ich betone, die Stadt, in der Martin Luther King begraben liegt - und man mahnte uns an nicht in der Öffentlichkeit Händchen zu halten, es gab regelrechte Zonen für Schwarze und Weiße. Das war hart. In Deutschland sollte ich mal in einem Club performen und wollte dafür ganz normal durch den Vordereingang, weil ich mir dachte "wozu Hintereingang, ist doch albern". Der Türsteher sagte nur "heute nur mit Clubkarte". Auch als ich sagte, dass ich performen müsste, half es nichts. Ich bin dann einfach ins Auto gestiegen und nach Hause gefahren. Klar gefiel das den damaligen Veranstaltern nicht, aber es machte mich nachdenklich.
Beeindruckend fand ich aber, als wir damals in den neuen Bundesländern unterwegs waren. Wie ich feststellte, waren meine Bodyguards Skinheads, so richtig mit Glatze und Springerstiefeln! Das Krasseste war, dass einer davon bereits eine CD von mir in der Hand hielt und ein Autogramm wollte, er war ein Fan von mir und hatte das bestimmt nicht für seine Freundin gemacht... Er und die anderen haben mich vorbildlich behandelt und ich habe mich sicher gefühlt - crazy! Du siehst, Musik kann eine Antwort auf Rassismus sein.
Hast du Vorbilder?
Natürlich. Das sind drei Personen: Marvin Gaye, John Coltrane und mein Vater.
Was bedeutet dir dein Vater?
Hätte er mich nicht gefördert, wäre ich jetzt nicht hier. Er war früher selbst in der Army in Vietnam. Als er nach Hause kam, hat er mir immer Songs vorgespielt, die er während seiner aktiven Zeit gehört hat, hat mir gesagt, was gerade angesagt war. Der Mann hat unglaublich viel Ahnung von Musik. Er hat alles getan, damit ich mir meinen Traum erfüllen konnte, um Musiker zu werden.
Wo sehen wir Dich sonst noch demnächst?
Da fällt mir spontan das "Promi Dinner" ein, das demnächst im TV zu sehen sein wird. Rolf Stahlhofen von den "Söhnen Mannheims", Tine Wittler von "Einsatz in vier Wänden", Joy Fleming und ich werden uns gegenseitig bekochen, jeder bei sich zuhause. Das wird garantiert witzig!
Was möchtest du unseren Lesern sagen, warum sollen sie am 10.2. ins Zino kommen?
Ganz einfach: it's crazy, wild, universal and you've just got to see. And you don't know what will happen!
Dann freuen wir uns, wenn du in Kürze bei uns bist!
Danke dir, hat Spaß gemacht.
Sydney Youngblood offiziell: https://www.sydney-youngblood.de/
Das Interview ist auch auf Hannoveguide zu lesen. |